Ein Beruf für alle Sinne

Was macht eigentlich ein Bäcker? Wir waren mit Azubi Lukas in der Backstube der Bäckerei Wolfgang Maurer in Herrensohr - ein Erfahrungsbericht direkt aus erster Hand.

Arbeiten, wenn andere schlafen

Freitagabend. 22 Uhr. Die Jägerstraße im Dudweiler Ortsteil Herrensohr ist verwaist und liegt ruhig im fahlen Licht der Laternen. Die Anwohner haben es sich wohl bereits auf ihren Feierabendsofas gemütlich gemacht. Hinter einigen Fenstern flackern noch die bunten Lichter laufender TV-Geräte, viele Rollläden sind aber bereits heruntergelassen. Das Wochenende ist eingeläutet. Zeit für Erholung, Zeit auch für den wohlverdienten Schlaf.

Nicht so für den 21-jährigen Lukas Schlufter. Er ist gerade erst vor einer halben Stunde aus dem Bett gestiegen, hat sich schnell noch ein Brötchen gemacht, hat einen Kaffee getrunken und sich die überwiegend weißen Arbeitsklamotten übergezogen. Seit einem halben Jahr ist Lukas Azubi bei der Bäckerei Wolfgang Maurer in Herrensohr. Seine Schicht beginnt Freitagabends um 22 Uhr, an allen anderen Tagen um 1 Uhr in der Nacht. Heute Abend begleiten wir ihn in die Backstube, schauen ihm ein wenig über die Schulter, wollen hautnah erleben, wie eine Ausbildung zum Bäcker wirklich aussieht. Natürlich möchten wir auch von seinem Chef erfahren, wie Lukas sich eingelebt hat und welche Möglichkeiten er in Zukunft im Bäckerhandwerk haben wird. Und wir wollen wissen, was das Bäckerhandwerk ausmacht und wie es insgesamt um seine Zukunft bestellt ist.

 

Eine Atmosphäre, die alle Sinne betört

Von dem Augenblick an, als wir in die Backstube eintreten, empfängt uns eine Atmosphäre, die tatsächlich alle Sinne betört. Der köstliche Geruch nach frischem Teig und nach den ersten fertig ausgebackenen Broten, Brötchen und Teilchen, der Anblick von mit buntem Obst belegten Kuchenböden, von gemahlenen Nüssen, von Gewürzen und Körnern, die auf ihre Verwendung warten. Das sprichwörtliche Wasser läuft einem sofort im Mund zusammen. Warm ist es in der Backstube, denn das Herzstück, der riesige Ofen, läuft ununterbrochen. Außerdem erwartet uns eine herzliche nette Crew von fünf jungen und junggebliebenen Mitarbeitern, in deren Treiben sich Azubi Lukas sofort und nahtlos einreiht.

Bäcker, Bäckerin, Backstube
Lukas beim Vorbereiten der typischsten aller saarländischen Backwaren: dem „Doppelweck“. Foto: dst

 

Lukas reiht sich gleich nahtlos in das Treiben der Backstube ein

Nach einem zeitlich ausgeklügelten Plan ist Lukas fortan mit vielerlei Aufgaben betraut, ständig in den verschiedenen Bereichen und Räumen der Backstube unterwegs und zu Gange. Mal im Alleingang, mal in Zusammenarbeit mit einem der Gesellen, Mitarbeitern oder mit seinem Chef und Inhaber der Bäckerei, Thomas Schneider. Schneider hat in dieser Backstube selbst seine Ausbildung gemacht. Damals noch bei Wolfgang Maurer, dem ehemaligen Eigentümer und Namensgeber der Bäckerei.

„Ich habe hier das Bäckerhandwerk von Grund auf gelernt. Und das, was ich gelernt habe, insbesondere die Liebe zu den einzelnen Zutaten und zur echten handwerklichen Zubereitung der Backwaren, möchte ich auch meinen Mitarbeitern und Lukas als Azubi mitgeben.“ Thomas Schneider ist mit den Leistungen seines Azubis zufrieden. „Lukas ist ein intelligenter junger Mann, der die ihm gestellten Aufgaben schnell auffassen und auch erledigen kann“, wie er meint. „Er hat sich sehr gut in das Team integriert und ich kann ihn schon viele Aufgaben alleine ausführen lassen. Wenn er die Ausbildung hier durchsteht, dann stehen ihm viele Wege offen.“ Schneider ist froh um die zusätzliche Arbeitskraft, denn geeignete Mitarbeiter für den Bäckerberuf sind schwer zu finden.

Bäcker, Bäckerin, Backstube
Thomas Schneider (vorne), Inhaber der Bäckerei Wolfgang Maurer, mit Lukas beim Zubereiten des Teigs. Foto: dst

 

Die Arbeitszeiten eines Bäckers eignen sich nicht für jeden

„Die Arbeitszeiten sind natürlich ein Grund dafür, dass sowohl Azubis als auch ausgelernte Mitarbeiter in diesem Beruf selten sind“, erklärt er. Da hilft es auch wenig, dass inzwischen die Bezahlung weit besser ist als noch in früheren Zeiten.

 

„Nur in den kleinen Backstuben lernen die Auszubildenden den Beruf noch von Grund auf.“
Thomas Schneider

 

Dem traditionellen Bäckerhandwerk haftet dazu noch immer das verallgemeinerte Vorurteil vom „schmutzigen Handwerk“ an. Was in diesem Fall natürlich so gar nicht zutrifft. Alles ist sauber in der Backstube, frisch und ungeheuer lecker. Von Schmutz keine Spur. „Der Trend ist einfach so, dass die Jugendlichen eben lieber studieren gehen“, bedauert Schneider. „Das ist sehr schade, denn das traditionelle Backhandwerk ist etwas, das unbedingt bewahrt werden sollte und mit sehr viel Herzblut einhergeht.“

 

„In einer Backstube wie unserer muss jeder Mitarbeiter am Ende alle Schritte beherrschen.“
Thomas Schneider

 

Azubi Lukas hat also die Chance, das Backhandwerk unter der Anleitung von Kollegen von Grund auf zu erlernen. Kollegen, die das seit vielen Jahren mit Freude, viel Geduld und mit Liebe zum Detail getan haben. Kollegen, die sich nicht in die allgemein besser bezahlten Jobs in der Großindustrie abgesetzt haben. Dort, wo beinahe alles in automatisierter Massenproduktion hergestellt wird. „Ein Azubi, der bei uns in die Lehre geht, muss am Ende jeden der Produktionsschritte beherrschen und kann den Laden im Prinzip auch alleine am Laufen halten. Ihm stehen alle Wege offen. Wer in der Industrie lernt, kann bei uns nur wenig machen“, sagt nicht nur Thomas Schneider. Auch Andreas Hell, der in der Backstube die besonderen Leckereien wie Kuchen und Torten zuständig ist, weiß davon zu erzählen. Auch Hell hat bei der Bäckerei Wolfgang Maurer gelernt und macht dem neuen Azubi Mut. „Lukas ist ein sehr netter und intelligenter Junge, dem viele Wege offenstehen, wenn er hier mit der Ausbildung durch ist.“

Bäcker, Bäckerin, Backstube
Backbleche wandern ständig zwischen den Vorbereitungstischen und dem Ofen hin und her. Azubi Lukas mit seinem Ausbilder Alexander (rechts), der seit über 30 Jahren in der Backstube arbeitet. Foto: dst

 

Keine Zeit in der Backstube für Langeweile

Lukas sprintet derweil von einem Arbeitstisch zum nächsten, formt aus verschiedenen Teigmassen hier Knotenbrötchen und „Doppelweck“, dort verschiedene Sorten von Broten, bestreicht Stangen, rührt Pudding für Teilchen und Kuchen an, dippt leckere Nussecken in Schokolade, fettet Bleche ein, putzt und schneidet zu. Langeweile kommt dabei nicht auf. „Fett ansetzen ist hier auch nicht“, ruft ein Kollege scherzend, als Lukas gerade wieder mit einer Ladung Brötchen zum Ofen sprintet. Ein Schwätzchen mit den Kollegen ist dabei immer auch drin. Und so geht die Nacht schnell dahin, denn bis 6 Uhr, wenn sich die Türen zum Verkaufsladen auf der anderen Seite der Backstube öffnen, müssen an die 1.500 Doppelweck und die vielen Brote und Teilchen und bestellten Kuchen fertig sein. Die finden ihre Abnehmer nicht nur in den beiden Läden in Herrensohr, sondern auch in Jägersfreude und seit nicht allzu langer Zeit auch in Fischbach-Camphausen.  dst

 

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